Ansonsten dürften die türkisch-islamischen Verbände ja kaum etwas gegen eine Moscheesteuer haben. Denn sie haben ja auch grundsätzlich nichts gegen die Kontrolle und Bevormundung der Muslime durch die türkische Religionsbehörde Diyanet in der Türkei. In Folge würde dies auch zu einer Gründung einer muslimischen Religionsbehörde wie in Österreich führen. Die spannende Frage wäre nur: würden die Verbände sich zu einem Dachverband zusammenschließen, um dann gemeinsamer Ansprechpartner nach innen wie nach außen zu sein oder würden die Egoismen der Verbände die Oberhand gewinnen.
Es ist nur folgerichtig: wer die Anerkennung durch den deutschen Staat wünscht und eine Zusammenarbeit und Kooperation auf Augenhöhe anstrebt, muss sich auch mit der sog. Moscheesteuer auseinandersetzen. Wer natürlich gänzlich eine Autonomie vom Staat wünscht, wird sich auch nicht auf Gespräche oder gar Fördermittel einlassen. Auch wenn ich den Begriff „Moscheesteuer“ etwas irreführend finde, suggeriert er doch eine Besteuerung der Moscheen selbst (nicht die Moscheen sodern die doch so gescholltenen Verbände würden ja das Geld bekommen), fügt sich aber dieses Konzept in den institutionellen Rahmen zwischen Staat und Religion in Deutschland.
Die Vorstoß zu einer Moscheesteuer kommt aus einer „liberalen“ Ecke und droht deswegen schon in ein schiefes Bild zu geraten. Noch mehr: die Befürworter dieser Idee merken nicht, dass für eine drei Mann/Frau Moschee kaum Unsummen aufgewendet werden, geschweige denn Imame bezahlt werden können und das Geld nicht an einzelne Vereine gehen wird, sondern an Körperschaften (aber hierzu gleich mehr). Desweiteren wird die Thematik durch den Umstand belastet, dass die Muslime vor die Entscheidung gestellt werden, sich für bzw. gegen Deutschland oder ihr Heimatland zu entscheiden. Denn die Idee dahinter ist ja auch, den Einfluss ausländischer Regierungen zu unterbrinden. Nichtdestotrotz verdient die Idee, die ja schon länger in der Diskussion ist, eine genauere Betrachtung.
In Deutschland gibt es eben keine strikte Trennung zwischen Staat und Religion, wie z.B. in Frankreich, sondern eine Kooperation die beiden Seiten Rechte und Pflichten aufträgt. Der Staat treibt für die Kirchen Steuern ein, im Gegenzug leisten diese Dienste im Bereich der Diakonie, Pflege, Seelsorge, Kirche. Gehälter der Pastoren/Priester werden aus diesem Topf bezahlt, sowie Altenpflege in Heimen, Seelsorge in Gefängnissen, Sozialarbeit in den Kirchen usw. Voraussetzung ist die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechtes, welches Bedingungen unterworfen ist – wie die Offenlegung des Mitgliederverzeichnisses wie der Nachweis, dass sich die Religionsgemeinschaften tatsächlich um die religiösen Belange ihrer Mitglieder kümmern, Gewähr auf Dauer bieten usw.. Dies würde natürlich eine Kontrolle des Staates nachsichziehen, denn wer Geld bekommt muss auch Rechenschaft ablegen. Dies dürfte ein wesentlicher Knackpunkt auf Verbandsseite sein. Denn ein Bewusstsein was den Verbänden gänzlich fehlt: Rechenschaft über das Geld abzugeben, was sie von den Mitgliedern eintreiben.
Ansonsten dürften die türkisch-islamischen Verbände ja kaum etwas gegen eine Moscheesteuer haben. Denn sie haben ja auch grundsätzlich nichts gegen die Kontrolle und Bevormundung der Muslime durch die Diyanet. In Folge würde dies auch zu einer Gründung einer muslimischen Religionsbehörde wie in Österreich führen. Die spannende Frage wäre nur: würden die Verbände sich zu einem Dachverband zusammenschließen, um dann gemeinsamer Ansprechpartner nach innen wie nach außen zu sein oder würden die Egoismen der Verbände die Oberhand gewinnen. Dies würde ja dann die praktische Konfessionlisierung der Verbände bedeuten – sie müssten sich ja religiös von den anderen Verbänden distanzieren, um als eigenständige Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. Eine islamische Stiftung, wie auch in der Öffentlichkeit diskutiert, würde genau an diesem Punkt auf die Probe gestellt: Können die Verbände ihre Eigeninteressen hinter den Interessen der Muslime in Deutschland zurückstellen, um eine basisdemokratsich gewählte demokratische Selbstorganisation zu unterstützen? Die Idee einer Moscheesteuer hat ihren Charme, was auch die muslimische Gemeindearbeit vor Ort betrifft: den Moscheevereinen fehlt Geld um z.B. Projekte zu verwirklichen oder Personal einzustellen. Es würde eine Entlastung für die Gemeinden bedeuten. Sie wären nicht gezwungen jeden Freitag oder bei Festtagen Geld einzusammeln, die ja oftmals auf frustrierte Gegenwehr der Moscheebesucher stossen. Eins müssen sich die Muslime aber hierbei klar sein: eine Professionalisierung der Gemeindearbeit kann eine Delegation von islamischer Arbeit auf Professionelle bedeuten und damit das ehrenamtliche Engagement in Gefahr bringen: Warum sollte man sich angagieren, wenn es bezahlte Leute dafür gibt?
Eine Hintertür hat die Idee schon. Es gibt keinen zwingenden theologischen Grund um eine Moscheesteuer zu rechtfertigen- es sei denn man würde es als Zakat/Pflichtabgabe deklarieren (hier würden natürlich weitere Probleme entstehen, wie berechnet man die Höhe im einzelnen, die Gelder könnten nicht für die Moscheen genutzt werden können, denn die Zakat könnte u.a. nur für Arme, Bedürftige aufgewendet werden etc.). Und wichtiger: der Verzicht auf eine Moscheesteuer würde nicht automatisch die Exkommunizierung bedeuten – man ist immer noch Muslim auch wenn man keine Moscheesteuer bezahlt und man könnte alle religiösen Dienste in Anspruch nehmen (zumindestens formell). Diese Frage und weitere Fragen stellen die Muslime in Deutschland vor die grundsätzliche Frage: wie halten wir es mit unserem Verhältnis zum deutschen Staat und dem formellen-rechtlichen Rahmen von Staat und Religion in Deutschland.
Hier ein Pressebericht zum Thema „Moscheesteuer“: