Die Arbeit der DIK – Ein persönlicher Kommentar

Die Arbeit der DIK (Deutschen Islam Konferenz) – Ein persönlicher Kommentar.

Letztes Jahr (28. und 29. November) fand die DIK (Deutsche Islam Konferenz) mit über 200 Teilnehmern statt. Nun liegt ein Zwischenbericht des BMI (Juni 2019) über die Arbeit der Mitglieder und der Arbeitsgruppen vor. Hier mein persönlicher Kommentar. Vor allem wurde die Veranstaltung im Vorfeld aber auch im Nachhinein aus Verbandskreisen kritisiert. Mutmaßungen wurden aufgestellt, dass die Konferenz als staatliches Konzil konzipiert sei, um den Islam quasi weichzuspülen. Im Nachhinein fokussierte sich die „inhaltliche“ Kritik daran, dass auf der Auftaktveranstaltung Bockwurst serviert wurde. Die Gemüter haben sich scheinbar beruhigt und man ist zu den Sachthemen wieder zurückgekommen. Ein wichtiges Thema der Veranstaltung war die Rolle der Moscheen wenn es um das Thema Integration geht. Zahlreiche Gespräche und Workshops sind wohl durchgeführt worden. Vor allem hat aber das Thema „Imam-Ausbildung“ für Zündstoff gesorgt. Die Verbände sehen sich nämlich mit der Forderung seitens der Politik konfrontiert, dass die Ausbildung von religiösem Personal verstärkt in Deutschland erfolgen soll. Anfangs hatte man den Eindruck, dass sich die Verbände, vor allem DITIB und IGMG, sich grundsätzlich sträuben würden, mit staatlichen Organen über das Thema zu diskutieren. Nun hat das Bundesinnenministerium eine Zusammenfassung an die Mitglieder der DIK, wo selbstverständlich neben kleineren Organisationen auch die großen muslimischen Verbände Mitglied sind, versandt, wo ein Resümee der letzten Monate gezogen wurde. Es ist erfreulich zu sehen, dass  „Rund um den Komplex Imam-Ausbildung (…) am 17. und 18. Juni 2019 ein zweitägiger Workshop in Hannover statt (fnad). In ihm ging es um Status, Zukunftsperspektiven der Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden in Deutschland und den Bedarf an ergänzender Forschung. Neben Präsentationen zum Forschungsstand schilderten verschiedene Dachverbände islamischer Gemeinden, wie sie derzeit ihr Personal ausbilden und wie die Planungen bezüglich der Etablierung neuer Formen der Ausbildung sind“. Der Eindruck den man manchmal medial gewinnt, dass man quasi nicht miteinander spricht und Lösungsorientiert diskutiert, wird durch die Zusammenfassung erfreulicher Weise zurecht gerückt. Die Imamausbildung, die hiesigen Ansprüchen genügen soll, ist gemeinsames Interesse aller Akteure. Hierzu wurde eine deskriptive Studie der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (Uni Frankfurt) mit dem Titel Expertise „Imam-Ausbildung in Deutschland – Perspektiven aus Theologie und Gemeinden“ vorgestellt. Auch daran ist zu erkennen, dass die Gespräche auf einer konstruktiven Ebene fortgeführt werden. Soweit man überhaupt einschätzen kann, stehen wohl im Vordergrund Themen wie die qualifizierte Ausbildung von Imamen bzw. „religiösem Personal“, wer diese Ausbildung durchführen soll bzw. kann und natürlich die Finanzierbarkeit solcher Projekte. Vor allem der letzte Punkt dürfte für Differenzen sorgen, denn hier lassen sich die Akteure oft von der Devise leiten: „Weß Brot ich esse, deß Lied ich singe“. Imame und religiöses Personal die zum Spielball der Politik, inländischer und ausländischer Akteure degradiert werden, können wohl kaum die Bedürfnisse der Muslime und Gemeinden in Deutschland befriedigen. Gespannt sein dürfen wir weiterhin, was diese Gespräche bringen werden. Idealerweise wäre im Gegenzug zu erwarten, dass Theologen und Theologinnen sich aus ihren ethnischen, religiös-politischen Zusammenhängen emanzipieren und eine eigene, eigenständige Stimme entwickeln. Leider ist dies nicht zu beobachten. Im Gegenteil: sie sind oft aus politischen und Verbandsinteressen zum Schweigen verpflichtet. Es darf aber auch grundsätzlich bezweifelt werden, dass die Universitäten der richtige Ort sind für die Imam-Seminare. Die Zuständigkeit hierzu gehört, auch aus verfassungsrechtlichen Gründen den Religionsgemeinschaften. Kooperationen mit diesen und universitären Einrichtungen sollten erwogen und ausdiskutiert werden.

Aus dem Zwischenbericht ist klar zu erkennen, dass sich staatliche Akteure, wie z.B. Staatssekretär Dr. Kerber, der zu vielen Orten muslimischen Lebens in Deutschland wohl gereist ist und Vertreter der Verbände, aber auch z.B. Vertreter staatlicher Institutionen in der Türkei sich in einem regen, persönlichen Austausch befinden. Wünschenswert wäre wenn diese stärker öffentlich gemacht würden, denn oft wird der Eindruck vermittelt, dass z.B. bestimmte Organisationen aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen sein oder bestimmte Akteure ausgegrenzt würden.

Auch als Sozialwissenschaftler habe ich mit Genugtuung gelesen, das das Forschungszentrum des BAMF im Auftrag der DIK und in Fortsetzung einer entsprechenden Untersuchung von 2008 (MLD 2008) die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2019 (MLD 2019)“ durchführen wird. Diese Studie war bis dato eine der wenigen verlässlichen Studien, um sich ein Gesamtbild über das Leben der Muslime in Deutschland zu machen. Leider war die Datenlage der Studie aus 2008 mittlerweile veraltet und brauchte unbedingt ein Update. Dies soll nun erfolgen. Mit ersten Ergebnissen ist wohl für 2020 zu rechnen.

Leider wenig Inhaltliches, auch auf der DIK Homepage, ist über ein vom 29. und 30. April 2019 in Berlin abgehaltenes Workshop zum Thema Muslimfeindlichkeit, zu lesen. Schon im ersten Jahr der Zählung von Islamfeindlichkeit, im Jahr 2017, dokumentierte das Innenministerium mehr als Tausend islamfeindliche Straftaten. In der muslimischen Öffentlichkeit steht die Forderung nach einer Sensibilisierung der Politik für das Thema und vor allem die Berufung eines Beauftragten für muslimisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Muslimfeindlichkeit. Auch im Kontext von Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, NSU-Terror und dem Mordfall Walter Lübcke müssen endlich Konsequenzen folgen. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat einen tabuloses und rigoroses Vorgehen des Staates gegen Rechtsextremismus gefordert. In Reaktion auf den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sagte Merkel am Samstag auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund mit Hinweis auf die früheren NSU-Morde, dass man Rechtsextremismus „in den Anfängen bekämpfen muss, ohne jedes Tabu“. „Sonst haben wir einen vollkommenen Verlust der Glaubwürdigkeit.“ Wenn Muslime, Nicht-Muslime, Deutsche, Nicht-Deutsche Angst haben sich für Flüchtlinge, Minderheiten etc. einzusetzen oder sich öffentlich religiös zu bekennen, durch Kippa oder Kopftuch, oder Angst haben ein Moschee zu besuchen, ist das ein Angriff auf unser demokratisches Zusammenleben. Aber auch Hass, Verleumdungen, Bedrohungen in Sozialnetzwerken, sog. Hatespeech,  in Sozialen Netzwerken müssen rigoros geahndet werden.

Die DIK hat sich auch vorgenommen, das Thema „Antisemitismus“ unter Muslimen zu durchleuchten. Näheres werden wir wohl aber erst am Ende des Jahres erfahren.

Es ist zu lesen, dass die DIK bzw. das BMI Aktivitäten einzelner Moscheegemeinden unterstütz wird, wo es um Sozialarbeit, aber auch Maßnahmen geht, die dazu dienen, sich in das lokale Umfeld hinein zu öffnen und die Zusammenarbeit mit der Kommunalpolitik zu  fördern. Genau das ist ein wichtiger Ansatz, denn zu wenig treten Aktionen und Leistungen, die von den Gemeinden erbracht werden in den Vordergrund. Oftmals fehlt es den Akteuren nicht am Willen, sondern an professioneller und finanzieller Unterstützung, um in den Kommunen aktiv zu werden und Projekte anzustoßen. Seien wir also weiterhin gespannt auf die Arbeit der DIK und deren Mitglieder.

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